Donnerstag, 30. Oktober 2008

"STOPP DEUTSCHE EINWANDERUNG"

Das stand auf einem Aufkleber, den ich heute Morgen in der Zürcher S-Bahn gesehen habe.

Dienstag, 21. Oktober 2008

Eine Frage der Einstellung

Das Schweizer Magazin "Der Beobachter" hat einen Artikel über Deutsche Einwanderer in der Schweiz verfasst. Deren Zustrom ist nach wie vor ungebrochen; 43% der Deutschen Arbeitnehmer könnten sich vorstellen, in der Schweiz zu arbeiten. 22,5% aller deutschen Arbeitsnomaden, die die Bundesrepublik verlassen, um im Ausland zu arbeiten, gehen in die Schweiz. Damit ist die Schweiz das beliebeste Auswanderungsland für die Deutschen. Das macht sich langsam in der Schweiz bemerkbar: In der Stadt und dem Kanton Zürich stellen die Deutschen inzwischen die grösste Ausländergruppe dar (siehe Beobachter-Artikel). Ich bin einer von ihnen. Die Deutschen Einwanderer sind in der Regel gut ausgebildete Akademiker.

Der Beobachter argumentiert nun, dass die zunehmende Konkurrenz zwischen Schweizern und zugewanderten Deutschen das Verhältnis zwischen den Arbeitskollegen belastet. Und stellt einige Fragen, die er nicht beantwortet und die im Raum stehen bleiben:
Ist, wer etwas sagt, ein Rassist? Die Zuwanderer sorgen für diffuses Unbehagen. ... Doch ist, wer sich über eine hochdeutsche Ansage [in Bussen und Trams ver VBZ] ärgert, schon ein Fremdenfeind? Ist, wer die Konkurrenz gutausgebildeter Deutscher beklagt, ein Fremdenfeind?
Tja, ist er? Da diese Fragen nicht beantwortet werden stellt sich bei mir beim Lesen der Eindruck ein, dass all diese Fragen vom Autor des Artikels implizit mit "Nein" beantwortet werden. Und das finde ich brandgefährlich. Zwei Beispiele dieses Artikels für das angebliche Problem der Schweizer mit den Deutschen haben mich besonders verärgert:

Erstens:
Vergangenen Winter stach Stefan Fischer, der Präsident des Zürcher Studentenrats, in ein Wespennest, als er die «Germanisierung» der Universität beklagte. Nach massiver Kritik musste er zurücktreten. Anlass des «Germanisierungs»-Vorwurfs war die Neubesetzung von acht Professuren, berufen wurden ausschliesslich Deutsche.
Und das soll ein Beispiel für die Germanisierung sein? Wer schon mal in einer Berufungskommission mitgearbeitet hat, weiss genau, dass die Nationalität eines Bewerbers bei der Besetzung einer Professur überhaupt keine Rolle spielt. Das läuft nach klaren Kriterien: Publikationen, Drittmittel, Lehre. Wenn acht Professuren mit Deutschen besetzt werden, dann bedeutet das schlicht, dass das die besten Bewerber waren. Punkt. Die NZZ hat dazu einige intelligente Zeilen geschrieben:
In der Regel aber sind Dozierende und Forschende mit anderem Hintergrund eine Bereicherung für eine Hochschule, wenn diese es versteht, deren Vorstellungen und Erfahrungen von Lehre und Forschung gewinnbringend zu integrieren. Der Universität Zürich gelingt das nicht schlecht. Interne Konkurrenz unter Professoren, umstrittene Berufungsverfahren und Eitelkeiten bringen es zwar mit sich, dass meistens Negativbeispiele die Runde machen. Solche gäbe es allerdings auch von einheimischen Professorinnen und Professoren zu berichten. Schweizer allein aufgrund ihrer Nationalität zu bevorzugen, darf sich die Universität Zürich nicht leisten.
Also: Blödsinn. Zweitens:
Viele Deutsche berichten auch über Diskriminierung im öffentlichen Raum. Einige vermeiden es sogar, im Tram zu telefonieren - aus Angst, als Deutsche identifiziert und angepöbelt zu werden. Ein Betroffener erzählt von einem Vorfall in einer Bäckerei. Er: «Ich kriege ein Brötchen.» Die Verkäuferin: «Sie kriegen hier gar nichts.» Christian Leschzyk von der Imageagentur Stilgerecht im Appenzellischen rät Deutschen in der Schweiz ernsthaft, sich zurückhaltender zu geben, zum Beispiel, sich in einer Gruppe auch mal erst als Zweiter zu melden, «Kollegen freundlich um etwas zu bitten, statt in einem Befehlston etwas anzuordnen», und daran zu denken, dass Hochdeutsch direkt und hart wirke.
Das ist doch allerletzte. Wir sollen beachten, dass Hochdeutsch direkt und hart wirkt? Welche Alternative haben wir denn zum Hochdeutsch? Die grosse Mehrheit der Schweizer, mit denen ich gesprochen habe, hat mir davon abgeraten, Schweizerdeutsch zu lernen. Das würde man nicht machen. Es gäbe nichts peinlicheres, als Deutsche, die versuchen, Schweizerdeutsch zu sprechen. Man kann uns nicht gleichzeitig davon abraten, Schweizerdeutsch zu lernen, und uns gleichzeitig dafür kritisieren, dass wir Hochdeutsch sprechen! Was sollen wir denn machen, Zeichensprache vielleicht? Entweder man lässt uns die hiesige Sprache lernen oder beschwert sich nicht über das Hochdeutsch. Aber in dieser Form ist die Kritik wirklich das allerletzte. Also: auch Blödsinn, so wie der ganze Artikel.

Um eins klarzustellen: Ich habe noch nie offene Ablehnung von Schweizern aufgrund meiner Herkunft erlebt. Aber in den Schweizer Medien nimmt dieser Diskurs eine Menge Raum ein und wird dadurch immer wieder zum Thema. Beim Mittagessen oder beim Bier. Und so bin ich auf abstrakte Weise immer wieder mit diesem Thema konfrontiert. Und das erzeugt bei mir ein ungutes Gefühl. Das Nervt einfach. Vielleicht wäre das "Problem mit den Deutschen" viel weniger ein Problem, wenn die Journallie nicht ständig darüber schreiben würde.