Donnerstag, 30. Oktober 2008

"STOPP DEUTSCHE EINWANDERUNG"

Das stand auf einem Aufkleber, den ich heute Morgen in der Zürcher S-Bahn gesehen habe.

Dienstag, 21. Oktober 2008

Eine Frage der Einstellung

Das Schweizer Magazin "Der Beobachter" hat einen Artikel über Deutsche Einwanderer in der Schweiz verfasst. Deren Zustrom ist nach wie vor ungebrochen; 43% der Deutschen Arbeitnehmer könnten sich vorstellen, in der Schweiz zu arbeiten. 22,5% aller deutschen Arbeitsnomaden, die die Bundesrepublik verlassen, um im Ausland zu arbeiten, gehen in die Schweiz. Damit ist die Schweiz das beliebeste Auswanderungsland für die Deutschen. Das macht sich langsam in der Schweiz bemerkbar: In der Stadt und dem Kanton Zürich stellen die Deutschen inzwischen die grösste Ausländergruppe dar (siehe Beobachter-Artikel). Ich bin einer von ihnen. Die Deutschen Einwanderer sind in der Regel gut ausgebildete Akademiker.

Der Beobachter argumentiert nun, dass die zunehmende Konkurrenz zwischen Schweizern und zugewanderten Deutschen das Verhältnis zwischen den Arbeitskollegen belastet. Und stellt einige Fragen, die er nicht beantwortet und die im Raum stehen bleiben:
Ist, wer etwas sagt, ein Rassist? Die Zuwanderer sorgen für diffuses Unbehagen. ... Doch ist, wer sich über eine hochdeutsche Ansage [in Bussen und Trams ver VBZ] ärgert, schon ein Fremdenfeind? Ist, wer die Konkurrenz gutausgebildeter Deutscher beklagt, ein Fremdenfeind?
Tja, ist er? Da diese Fragen nicht beantwortet werden stellt sich bei mir beim Lesen der Eindruck ein, dass all diese Fragen vom Autor des Artikels implizit mit "Nein" beantwortet werden. Und das finde ich brandgefährlich. Zwei Beispiele dieses Artikels für das angebliche Problem der Schweizer mit den Deutschen haben mich besonders verärgert:

Erstens:
Vergangenen Winter stach Stefan Fischer, der Präsident des Zürcher Studentenrats, in ein Wespennest, als er die «Germanisierung» der Universität beklagte. Nach massiver Kritik musste er zurücktreten. Anlass des «Germanisierungs»-Vorwurfs war die Neubesetzung von acht Professuren, berufen wurden ausschliesslich Deutsche.
Und das soll ein Beispiel für die Germanisierung sein? Wer schon mal in einer Berufungskommission mitgearbeitet hat, weiss genau, dass die Nationalität eines Bewerbers bei der Besetzung einer Professur überhaupt keine Rolle spielt. Das läuft nach klaren Kriterien: Publikationen, Drittmittel, Lehre. Wenn acht Professuren mit Deutschen besetzt werden, dann bedeutet das schlicht, dass das die besten Bewerber waren. Punkt. Die NZZ hat dazu einige intelligente Zeilen geschrieben:
In der Regel aber sind Dozierende und Forschende mit anderem Hintergrund eine Bereicherung für eine Hochschule, wenn diese es versteht, deren Vorstellungen und Erfahrungen von Lehre und Forschung gewinnbringend zu integrieren. Der Universität Zürich gelingt das nicht schlecht. Interne Konkurrenz unter Professoren, umstrittene Berufungsverfahren und Eitelkeiten bringen es zwar mit sich, dass meistens Negativbeispiele die Runde machen. Solche gäbe es allerdings auch von einheimischen Professorinnen und Professoren zu berichten. Schweizer allein aufgrund ihrer Nationalität zu bevorzugen, darf sich die Universität Zürich nicht leisten.
Also: Blödsinn. Zweitens:
Viele Deutsche berichten auch über Diskriminierung im öffentlichen Raum. Einige vermeiden es sogar, im Tram zu telefonieren - aus Angst, als Deutsche identifiziert und angepöbelt zu werden. Ein Betroffener erzählt von einem Vorfall in einer Bäckerei. Er: «Ich kriege ein Brötchen.» Die Verkäuferin: «Sie kriegen hier gar nichts.» Christian Leschzyk von der Imageagentur Stilgerecht im Appenzellischen rät Deutschen in der Schweiz ernsthaft, sich zurückhaltender zu geben, zum Beispiel, sich in einer Gruppe auch mal erst als Zweiter zu melden, «Kollegen freundlich um etwas zu bitten, statt in einem Befehlston etwas anzuordnen», und daran zu denken, dass Hochdeutsch direkt und hart wirke.
Das ist doch allerletzte. Wir sollen beachten, dass Hochdeutsch direkt und hart wirkt? Welche Alternative haben wir denn zum Hochdeutsch? Die grosse Mehrheit der Schweizer, mit denen ich gesprochen habe, hat mir davon abgeraten, Schweizerdeutsch zu lernen. Das würde man nicht machen. Es gäbe nichts peinlicheres, als Deutsche, die versuchen, Schweizerdeutsch zu sprechen. Man kann uns nicht gleichzeitig davon abraten, Schweizerdeutsch zu lernen, und uns gleichzeitig dafür kritisieren, dass wir Hochdeutsch sprechen! Was sollen wir denn machen, Zeichensprache vielleicht? Entweder man lässt uns die hiesige Sprache lernen oder beschwert sich nicht über das Hochdeutsch. Aber in dieser Form ist die Kritik wirklich das allerletzte. Also: auch Blödsinn, so wie der ganze Artikel.

Um eins klarzustellen: Ich habe noch nie offene Ablehnung von Schweizern aufgrund meiner Herkunft erlebt. Aber in den Schweizer Medien nimmt dieser Diskurs eine Menge Raum ein und wird dadurch immer wieder zum Thema. Beim Mittagessen oder beim Bier. Und so bin ich auf abstrakte Weise immer wieder mit diesem Thema konfrontiert. Und das erzeugt bei mir ein ungutes Gefühl. Das Nervt einfach. Vielleicht wäre das "Problem mit den Deutschen" viel weniger ein Problem, wenn die Journallie nicht ständig darüber schreiben würde.

Samstag, 13. September 2008

Das sagt der Experte

Das kommt dabei heraus, wenn man zu Geschlechterthemen forscht: Jetzt durfte ich mein erstes kleines Interview als Experte in Sachen Frauen geben, hihi. Das Magazin der grössten Schweizer Supermarktkette Migros hat eine Doku zum Thema Gewalt gegen Frauen in Uniform gebracht und ich durfte auch meinen Senf dazu geben. Meinen Namen haben sie natürlich falsch geschrieben, aber dafür hats immerhin ein Foto von mir auf der vierten Seite der Print-Version des Artikels. Hier gehts zu Seiten 1, 2 und 3.

Anzumerken wäre noch, dass ich das alles so nicht gesagt habe. Ich ärgere mich darüber, dass es da so klingt, als würde ich das Verhalten der aggressiven Männer ausschliesslich über ein stabiles Merkmal bzw. einen stabilen Charakterzug erklären ("Machos"). Ich habe mehrmals betont, wie wichtig situationale Faktoren für das Entstehen von verbaler Gewalt sind, aber das fanden die offenbar nicht so druckbar. Merke: Interviews vor Veröffentlichug gegenlesen.

Mittwoch, 20. August 2008

Freitag, 15. August 2008

Schweizer Gratissperrmüll

Wenn der Schweizer einen Einrichtungsgegenstand nicht mehr braucht, dann trägt er ihn nicht immer zur Sperrmülltram, wie es sich eigentlich in Zürich gehört. Manchmal stellt der Schweizer nicht mehr benötigte Möbelstücke einfach auf die Strasse. Und macht ein Schild daran, auf dem steht meistens: GRATIS ZUM MITNEHMEN. So wie hier (das GRATIS steht unleserlich oben rechts):

Auf solche oder ähnliche Weise sind mir schon Sofatische, Schränke, Beistelltische, Monitore, Sonnenbänke (!) und Lautsprecher angeboten worden. Natürlich alles gratis. Nicht, dass ich davon irgendetwas mitgenommen hätte. Ich frage mich nun was dieses Schild soll. Dient es nur der Erleichterung des Gewissens des Stadtvermüllers, der sich so weniger wie jemand fühlt, der einfach seinen Schrott im öffentlichen Raum verklappt? Oder hat das hier Tradition und die Leute nehmen das Zeug wirklich mit? Und vor allem: Würden die Leute den gefühlten Gegenwert in Schweizer Franken im Gegenzug an die Bordsteinkante legen, wenn auf den Schildern nicht gross GRATIS stehen würde?

Mein Blog hat mir ein iPhone beschert

Bloggen ist super. Ich hatte mich hier neulich lautstark darüber beschwert, dass mich mein Schweizer Mobilfunkanbieter Orange nicht von einer Orange-Prepaidkarte zu einem Orange-iPhone wechseln lässt. Weil es offensichtlich irgendwie nicht vorgesehen war.

Mein Super-Chef Heinz hat einen Link zu meinem Post an ein Hohes Tier bei Orange geforwardet, das er kennt (Heinz kennt alle hohen Tiere in der Schweiz ;-)). Mit dem Erfolg, dass ich zwei Tage nach meinem Post einen Anruf von Herrn Rümi vom Orange Customer Care bekam. Herr Rümi hat sich für all das Ungemach entschuldigt und mir für die nächste Woche ein iPhone versprochen, das ich seit vorgestern in den Händen halte. Grosse Freude. Daumen hoch für Orange (und für Heinz).

Donnerstag, 7. August 2008

Stararchitekt in spe

Mein Gatte Daniel hat endlich eine Homepage, auf der man sich seine tolle Architektur ansehen kann. Ich finde sie ganz fantastisch. Wenn es mit meiner Karriere nicht klappt, klappt es bestimmt mit seiner.

Montag, 4. August 2008

iPhone kafkaesque: Als Orangeclick-Kunde kann ich kein Orange-iPhone kaufen

Ich stelle mich am 11.07. um 8h morgens beim Orange-Center in Oerlikon in die Schlange, um
ein iPhone zu bekommen. Davon gibt es sogar Fotos. Kurz bevor ich dran bin, ist es leider ausverkauft. Ich warte ein paar Wochen. Ich gehe wieder ins Orange-Center Oerlikon. Ob ich ein iPhone (weiss, 16 GB) reservieren könne. Nein, das geht im Laden nicht mehr, wegen der hohen Nachfrage, das müssen sie online machen. Also gehe ich auf die Orange-iPhone-Seite, um mir dort ein iPhone zu kaufen. Ich habe bereits bei Orangeclick, dem Pre-Paid-Ableger von Orange, eine Prepaidkarte und würde die Nummer gerne auf meinen iPhone-Vertrag portieren. Kann ja nicht so schwer sein. Weit gefehlt.

Die Orange-iPhone-Bestellwebseite empfängt mich mit der Frage, ob ich bereits Orange-Kunde sei. Naiv wie ich bin, klicke ich auf "ich bin schon Orange Kunde", denn erstens habe ich ja Orangeklick, und zweitens habe ich zu Hause ADSL von Orange. Ich werde weitergeleitet und soll Nutzername und Passwort eingeben. Huch? Habe ich nicht. Ich klicke auf "registrieren". Da wollen sie meine Handynummer. Gebe ich ein:

Die Registrierung ist Orange Kunden vorbehalten. Bitte setzen Sie sich kostenlos mit unserem Kundendienst unter der Nummer 0800 700 700 in Verbindung. Falls Sie schon über ein 'orangeclick.ch' Konto verfügen, loggen Sie sich bei orangeclick.ch ein, um Ihr Konto online zu verwalten.

Oh. Wie blöd. Denn auf orangeclick.ch kann ich zwar mein Prepaid-Konto verwalten, aber kein iPhone bestellen. Also gelte ich für Orange offenbar nicht als Kunde. Naja, egal, dann klicke ich auf der iPhone-Bestellseite eben auf "ich bin noch nicht Orange Kunde" (obwohl ich mich als solcher fühle).

Ich lande im Handy-Shop von Orange, wähle das weisse 16 GB iPhone aus, 24 Monate iPhone Optima 30, ärgere mich, dass mir die 50 Franken Rabatt, die ich beim Umtausch meines alten Nokia 6680 im Shop bekommen hätte, durch die Lappen gehen, ärgere mich, dass mir die 40 Franken Rabatt für Orange-Kunden durch die Lappen gehen und darüber, dass die SIM-Karte noch mal 40 Franken kosten soll. Insgesamt habe ich am Schluss 289,- Franken auf der Uhr. Aber nun gut. Ich gehe "zur Kasse" und klicke auf "die jetzige Mobiltelefon Nummer behalten". Ich lande hier:


Ich kann zwar meine Nummer eingeben, aber Orangeclick ist nicht in der Liste der Anbieter. Ich lasse den Anbieter frei, gebe meine Daten ein und klicke auf "weiter". Nix da:

Geben Sie bitte einen Wert in das folgende Feld ein:
Bisheriger Anbieter

Uaaahh! Orange lässt es nicht zu, dass ich als Orangeclick-Kunde ein iPhone bestelle und meine alte Nummer behalte. Kunden des eigenen Prepaid-Angebotes können kein iPhone bestellen. Jedenfalls nicht, wenn sie ihre Nummer behalten wollen.

Das ist sowas von bescheuert. Orange kafkaesque. Wollen die mein Geld nicht?

UPDATE: Dieser Post hat mir binnen 7 Tagen ein Orange iPhone beschert. :-)

Sonntag, 1. Juni 2008

Mit der SVP gehts bachab

Heute wurde in der Schweiz über die "Einbürgerungsinitiative" der SVP abgestimmt. Das Schweizer Radio DRS meldet:
Die Schweiz will keine Einbürgerungen an der Urne, keinen «Maulkorb» für die Behörden und keinen neuen Gesundheitsartikel.

Das Abstimmungsergebnis ist eine dreifache Niederlage für die SVP. Mit 63,8 Prozent Nein fiel das Verdikt zur Einbürgerungsinitiative der Partei überraschend deutlich aus. Ausser dem Kanton Schwyz lehnten alle Stände das Volksbegehren ab.
Sehr schön auch der Kommentar vom CVP-Präsident Christophe Darbellay, gefunden bei 20minuten:
In der «Elefantenrunde» von Schweizer Radio DRS forderte Darbellay die SVP auf, zurück zu den richtigen Problemen zu kommen und zu einer konstruktiven Politik. Die CVP sei bereit auch mit der SVP zu reden, aber sie müsse etwas im Stil ändern, sagte Darbellay, - «und vielleicht auch ihre Plakate».
Ich war selten so einer Meinung mit einem CVP-Politiker. Daumen hoch für 63,8 % der Schweizer Wählerinnen und Wähler!

Zürich CSD 2008

CSD 2008 in Zürich - mein erster bei den Eidgenossen. Los gehts um 13h mit diversen reden auf dem Helvetiaplatz.

Es folgt die Parade. Viel kleiner als in Hamburg oder Berlin, ca. 10 Wagen. Wenn man mittendrin ist, fühlt es sich aber genau so an wie jeder andere CSD auch.


Etwas Politik muss auch sein, schliesslich ist der CSD auch eine Demonstration für die Rechre Homosexueller.

Lokalkolorit 1: Der Wagen der schwulen Offiziere der Schweizer Armee:


Lokalkolorit 2: Heidi ist auch schwul:

Ansonsten das übliche: Transen...


... Lesben ...

... und irritierte Autofahrer, die nicht wussten, dass heute die Innenstatt gesperrt ist und sich nun zwischen all den Tunten wiederfinden. Dieser Oldtimer-Fahrer ist beim Anblick eines Homosexuellen (man beachte die Dose Prosecco) besonders schockiert:


Der Zug führt am Fraumünster vorbei...

.. und am HB durch eine Unterführung. Den CSD durch einen Tunnel führen, die Anwesenden sprechen vom grössten Darkroom in Zürich.
Es geht aber alles ganz gesittet zu.

Dani, Tim und Igor, unser Quotenjugo. :-)
Brandon und Ralph.
Nach der Parade fängt es an zu regnen und deswegen fallen wir mit etwa zehn Leuten unangemeldet bei Bekannten von Reto ein, die in einem schicken Penthouse gleich am HB wohnen. Nachdem die Gastgeber zunächst etwas schockiert ob der vielen fremden Homoletten sind, lassen sie uns dann doch ihren Champagnervorrat austrinken, während es draussen aufhört zu regnen.
Danach gehts zum Turbinenplatz hiterm Schiffbau, wo ein ganz fantastisches und riesengrosses Strassenfest das Ende des CSDs markiert. Sowohl drinnen...

...als auch draussen.


Wir sind inzwischen alle nicht mehr ganz nüchtern.


Auf der Bühne tritt eine Dame auf, die aussieht wie ein Supermodel und auflegt wie eine junge Göttin. Die Masse tobt.


Es wird spät.Ich schlage mich als letzter Überlebender zur alternativen Abschlussparty im Stall 6 durch, wo mir aber nach kurzem Aufenthalt die Kräfte schwinden.

Ein toller Tag! Daumen hoch für Zürich!

Dienstag, 29. April 2008

Die tägliche Hetze der SVP

In Zürich ist mal wieder Wahlkampf. Es wird ja ständig über irgendetwas abgestimmt in der Schweiz, seien es Parlamente, Kammern, Vertreter, Volksentscheide oder Initiativen, deswegen ist eigentlich immer Wahlkampf. Das hat den Vorteil, dass ich in der Schweiz noch nie Gepöbel gegen "Die [Politiker] da oben" gehört habe. Jeder kennt hier irgendeinen Politiker persönlich und die Schweizer Bevölkerung macht in meinen Augen ein politisch aktiven und informierten Eindruck, jedenfalls im Vergleich zu meinem Heimatland.

Die politische Freiheit treibt bei den Eidgenossen allerdings auch hässliche Blüten. Die neueste Aktion meiner Lieblingspartei SVP macht mich besonders fassungslos. Die SVP hat sich folgendes ausgedacht: Jede Gemeinde soll in Zukunft selbst entscheiden können, welches Gremium über einen Einbürgerungsantrag in der Gemeinde entscheidet. Das kann zum Beispiel die Gemeinde selber sein. Entscheidungen über eine Einbürgerung sollen vom bestimmten Gremium ohne Begründungspflicht möglich sein, die Entscheidung kann in geheimer Abstimmung erfolgen und ist endgültig und nicht vor Gericht anfechtbar. Das soll "Masseneinbürgerungen" verhindern. Das ganze heisst Einbürgerungsinitiative. Und so wird sie beworben, die Einbürgerungsinitiative der SVP: In einer gezeichneten Schachtel liegen lauter Schweizer Pässe. Aus der Dunkelheit um die Schachtel strecken sich gelbliche, hell- und dunkelbraune Hände, die nach den Pässen greifen. Darüber ganz gross das Wort STOP:

So leuchtet es mir entgegen, wenn ich morgens am Bahnhof auf meine S-Bahn warte. Oder auf dem Weg zum Einkaufen:
Hier wirds besonders schizophren, da das Plakat links daneben mit einem schwarzen Schweizer Nationalspieler wirbt.

Diese Plakate sind in meinen Augen die aller übelste ausländerfeindliche Propaganda. "Die Ausländer" werden als verallgemeinerte und abstrakte Bedrohung dargestellt, die dieses Land massenweise bedrohen. In Deutschland gibt es nur eine Partei, die so ein Plakat drucken würde (man beachte die dominanten Farben schwarz, rot und weiss): die NPD. Bei der NPD sind sich aber alle mit einem IQ über Zimmertemperatur darüber im klaren, dass es sich um eine gefährliche, antidemokratische und rechtsextreme Partei handelt, die vom Verfassungsschutz überwacht wird und im Verdacht steht, nicht verfassungskonform zu sein. In der Schweiz hingegen kann eine Partei, die bei der letzten Parlamentswahl 30% der Stimmen erhalten hat, so etwas plakatieren, ohne dass es einen nennenswerten Aufschrei gäbe. Das finde ich skandalös. Was für ein Land ist das hier eigentlich?

Obwohl es in der Schweiz den Straftatbestand der Volksverhetzung nicht gibt, liesse sich meiner Meinung nach mit dem Artikel 261 (Rassismus-Strafnorm) des schweizerischen Strafgesetzbuches gegen solche Propaganda vorgehen. Darin heisst es nämlich:
Wer öffentlich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion zu Hass oder Diskriminierung aufruft, wer öffentlich Ideologien verbreitet, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung der Angehörigen einer Rasse, Ethnie oder Religion gerichtet sind, wer mit dem gleichen Ziel Propagandaaktionen organisiert, fördert oder daran teilnimmt, wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert ...,wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft.
Nach meinem Laienverständnis wäre eine Prüfung hier angezeigt, jedenfalls solange es den Paragraphen noch gibt. Christoph Blocher (SVP) wollte den Paragraphen in seiner Zeit als Justizminister "überprüfen" lassen und:
Am 7. August 2007 lancierten die Schweizer Demokraten eine eidgenössische Volksinitiative Für freie Meinungsäusserung - weg mit dem Maulkorb!, die beabsichtigt, die Rassismus-Strafnorm ersatzlos aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Die Frist für die Unterschriftensammlung wird am 07. Februar 2009 ablaufen.
Der Ausländeranteil in der Schweiz betrug im Dezember 2007 21.1% (Quelle), das ist im Vergleich zum Stand von 1987 (15.2%) ein Zuwachs von 5.9%. Das könnte auf den ersten Blick für eine Zuwanderungswelle sprechen, aber die Berechnungsvorschriften wurden 2001 geändert und seit 2007 werden im Rahmen der Personenfreizügigkeit mit der EU-15 viele Menschen als Ausländer gezählt, die vorher als Kurzaufenthalter nicht in der Statistik auftauchten. Schaut man sich die Entwicklung der Ausländeranteils an der Schweizer Bevölkerung mit Bezug auf das Schweizerische Bevölkerungswachstum an, so sieht das nicht nach Zuwanderungswelle aus:

Der abgewählte Bundesrat Christoph Blocher begründet die Einbürgerungsinitiative in einem Interview mit der Gratiszeitung .ch so:
.ch: Die Bedingungen für Einbürgerung sind in vielen EU-Ländern weniger hoch. Diese Länder haben viel weniger Ausländer als die Schweiz und bürgern daher viel weniger ein. Kennen Sie Fälle, in denen es zu leichtfertigen Einbürgerungen kam?

Blocher: Ja natürlich. Aber die Sache ist doch klar: Die Behörden haben neuerdings Angst, dass aus einem ablehnenden Einbürgerungsentscheid ein Gerichtsfall wird. Deshalb bürgert man im Zweifel ein, um keine Probleme vor Gericht zu haben. Viele Personen werden kriminell, kaum sind sie eingebürgert. Sind sie eingebürgert, können wir sie nicht mehr ausweisen.
Was hat Herr Blocher eigentlich für ein Verständnis von Rechtsstaatlichkeit? Wenn die Schweiz ein Rechtsstaat ist, und davon gehe ich jetzt mal aus, dann müssen Entscheidungen, die ein öffentliches Organ fällt, vom Bürger vor Gericht anfechtbar sein, sonst ist der Willkür Tür ud Tor geöffnet. Wenn eine Gemeinde geheim eine Entscheidung ohne Begründung fällen kann, die vor Gericht nicht anfechtbar ist, so hat das für mich mit Rechtsstaatlichkeit nicht mehr viel zu tun. Aber das ist Herrn Blocher offensichtlich völlig egal:
.ch: Wenn es keine Begründung braucht, öffnen wir der Willkür Tür und Tor.

Blocher: Die Bürger sind verantwortungsvolle Menschen. Aber sie sind bei den Einbürgerungen zurückhaltend. Sie verlangen Integration. Schon heute gibt es kaum ein Land, das so viel einbürgert wie die Schweiz. Wer bei uns eingebürgert wird, kann nicht nur wählen, sondern auch abstimmen.
Dass Bürger verantwortungsvolle Menschen sind, die im Zweifel solche Entscheidungen am besten fällen können, hat die Geschichte in vielen Beispielen ja eindrucksvoll gezeigt.

Ich bin wirklich fassungslos. Dass die Schweiz solche Blüten hervorbringt, die dann noch von einem drittel der Wähler gewählt werden, macht ein Drittel dieses Landes für mich unsympathisch. Dieses Plakat ekelt mich an. Wehret den Anfängen sag ich nur. Mannmannmann.

Samstag, 19. April 2008

Hallo Nachbar, Hallo Nachbarin

Für all die Ausländer in der Schweiz, vor allem im Kanton Zürich, die immer noch nicht begriffen haben, was sich als MieterIn in der Schweiz gehört und was nicht, ist dieses nette Poster herausgegeben worden. Ich hatte es am Freitag in der Post (mit freundlichen Grüssen von meiner Hausverwaltung):


Neben jedem Piktogramm steht in 10 Sprachen die entsprechende Regel dazu. Die Piktogramme sind ganz besonders erbaulich:


Ihr könnt ja mal raten, welche Vorschrift zu welchem Piktogramm gehört:
  • Miteinander reden
  • Wohnung kurz und regelmässig öffnen
  • Im Treppenhaus und der Garage nicht spielen
  • Es ist wichtig, dass sie Deutsch sprechen und verstehen
  • Sorge tragen zu Haus und Umgebung
  • Nachbarschaft pflegen
  • Keine Gegenstände ausserhalb der Wohnung hinstellen
  • Lärm: Rücksicht nehmen und Ruhezeiten einhalten
  • Waschküche sauber hinterlassen
  • Abfall in Zürisäcke und dann in den Container
Ist das nicht schön? Und da sag noch mal jemand, die Deutschen seien so ganz besonders Ordnungsliebend.

Dienstag, 8. April 2008

Hamburg in Zürich 2: Meine Jungs...

...waren über Ostern zu Besuch und Daniel hat tolle Fotos gemacht.


Schlafzimmerblick / Wichtiges

Sehenswertes / Ozelot


Ach ja.

Donnerstag, 13. März 2008

Zähneputzen im 'Büro

Mit Betonung auf der ersten Silbe. Man ist sowieso schon halb eingebürgert, sobald man damit anfängt, auch alle Wörter auf der ersten Silbe zu betonen: 'Büro. 'Wehgeh (WG). 'Iih-däh (ID). 'Leh-gih (Studentenausweis).

Jedenfalls habe ich mir heute zum ersten mal im 'Büro nach dem Mittagessen die Zähne geputzt. Weil die meisten meiner Schweizer Kollegen das auch machen. Ich fand es anfangs etwas seltsam, um die Mittagszeit den Prof vom Nachbarlehrstuhl auf der Toilette beim Zähne putzen anzutreffen, aber das scheint hier gang und gebe zu sein. Kein Wunder: So gut das Schweizer Gesundheitssystem auch ist, die Zähne sind nicht mitversichert und jeder Gang zum Zahnarzt birgt das empfindliche Risiko, um ein viertel Jahresgehalt ärmer zu werden. Bei den Aussichten schwinden dann auch ganz schnell die Hemmungen davor, sich in Pissoirnähe die Zähne zu putzen.

sch{öner | icker | neller} einkaufen

Ich dachte ja anfangs, dass die Schweiz technikmässig eher 80er ist. Diesen Eindruck macht einfach das Strassenbild, alle Schilder sind irgendwie so... solide und vieles wirkt leicht klobig. Auf den zweiten Blick ist das natürlich nicht so. Ganz besonders deutlich wird die technische Finesse der Eidgenossen beim Einkaufen. Jedenfalls beim Einkaufen in meiner Lieblingssupermarktkette Coop (ja, ich bin ein Coop-Kind).

Die beiden Coop-Filialen in meiner Umgebung, nämlich der Coop im Center 11 in der Nähe des Instituts und der Coop im Letzipark Einkaufszentrum in der Nähe meiner Wohnung featuren beide das Einkaufserlebnis der nächsten Generation: passabene.

Auf dem Foto unten links deutlich zu erkennen. Am Eingang des Supermarktes steht das Regal mit den kleinen Dingern, man hält seine Kundenkarte vor einen Barcodescanner und sch0n blinkt einen einer der süssen kleinen elektronischen Begleiter fröhlich an und signalisiert, dass er gerne mitgenommen werden möchte. Also klemmen wir ihn an den Einkaufswagen und scannen alle Produkte, die wir in den Wagen legen, vorher mit seinem Scanner an der Oberseite. Den wir mit einem sanften druck auf das Wort "Scan" auf seinem Touchscreen aktivieren. Unser kleiner Begleiter weiss dann immer, was wir alles im Einkaufswagen haben, informiert uns über die Höhe des Monatsgehaltes, das wir im Gegenzug an der Kasse abgeben müssen und weiss sonst noch allerlei nützliches zu berichten: Dass der Wein erst ab 16 getrunken werden darf (ich weiss ich sehe älter aus), dass wir so und so viel gespart haben und wie viele Superpunkte wir an der Kasse bekommen. Das tollste ist aber, dass wir unseren Einkauf bereits im Supermarkt in unsere Taschen stopfen (siehe oben), die wir an der Kasse nicht mehr ausräumen müssen. Nichts mit Wagen aufs Band legen, nene, man reicht der freundlichen Dame an der Kasse einfach das Gerät, sie liest es aus und man bezahlt den schon bekannten Betrag. Jetzt fragt Ihr Euch sicher, wie die kontrollieren, dass man auch wirklich alles eingescannt hat, was man aus dem Supermarkt schleppt? Gar nicht! Sie drohen nur vage mit Stichproben-Kontrollen, aber das ist mir bisher noch nicht passiert. Die vertrauen einem einfach - deswegen funktioniert dieses System wahrscheinlich nur in der Schweiz (und vielleicht in Japan). Ich finds jedenfalls mega-praktisch, dass das Aus- und Einpacken des Einkaufswagens an der Kasse entfällt. Deswegen habe ich mir die Coop-Kundenkarte ("Suprrchrard") bestellt, die man für die Nutzung von Passabene braucht. Daumen hoch für Coop.

Sonntag, 3. Februar 2008

Hamburg in Zürich: digitalism im hive

Gestern haben digitalism im hive-club gespielt. Ich auf lefreaque:
Der Laden wird ruckzuck rappelvoll und pünktlich um 2.30 treten die beiden Hamburger an die Teller und die Leute sind schon am schreien, bevor es überhaupt richtig losgeht. Angenehm unpretentiös servieren Jens „Jence“ Moelle und Ismail „Isi“ Tuefekci ein Potpourri aus eigenen und fremden Hits. Gestern u.a. in ihrer Playlist: Sweet Dreams im Danny Tenaglia remix, Britney Spears mit Gimme Gimme (grossartig) und - zu meiner ganz grossen Freude - Yelle mit À cause des garçons im Tepr Remix. Ein unerwartet fantastischer Abend.

Schweizer Gesundheit

Daumen hoch fürs Schweizer Gesundheitssystem. Jeder, der in der Schweiz wohnt und mehr als 15h pro Woche laut Arbeitsvertrag arbeitet, muss sich in der Schweiz krankenversichern. Hier gibt es nur private Krankenversicherungen. Diese sind per Gesetz dazu gezwungen, eine sogenannte Grundversorgung anzubieten, in die sie alle Antragsteller ohne Gesundheitsprüfung aufnehmen müssen. Die Leistungen der Krankenkassen in der Grundversorgung sind somit per Gesetz geregelt und unterscheiden sich zwischen den Krankenkassen nicht. Man legst lediglich fest, wie hoch die "Franchise" (sprich französisch, "Franschiss"), die jährliche Selbstbeteiligung, sein soll. Die Krankenkasse springt erst ein, wenn die Arztkosten die jährliche Selbstbeteiligung in einem Kalenderjahr überschreiten. Die minimale Franchise beträgt 300 CHF, maximal sind es 2500 CHF. Je höher die Franchise, desto geringer der monatliche Beitrag. Dann legt man noch fest, ob man freie Arztwahl oder ein Hausarztmodell (man muss zuerst zu einem festgelegtem Hausarzt wenn was ist damit die Kosten übernommen werden) oder ein HMO-Modell (HMO = schweizerisch für Poliklinik, man muss zuerst zu einer festgelegten Poliklinik wenn etwas ist) möchte. Ich zahle bei der Provita Krankenversicherung bei 300 CHF franchise und HMO-Modell 257 CHF (160 EUR) pro Monat, mit frier Arztwahl würde ich ca. 300 CHF zahlen. Das finde sehr günstig, in Deutschland würde mich ein privater Versicherungsschutz bei der Allianz PKV ziemlich genau das doppelte kosten. Man kann jedes Jahr zum Jahresende die Krankenversicherung wechseln. Den besten Überblick über alle Tarife gibt einem die Website www.comparis.ch.

Nun war ich Januar zum ersten mal in der Schweiz krank (Grippe) und habe bei meiner HMO-Praxis (sanacare Oerlikon) angerufen. Ich habe für den selben Tag einen Termin bekommen, habe 10 Minuten gewartet, alles sehr schön und professionell, eine mega-sympatische Ärztin, im Labor im Nebenraum wurde mir Blut abgenommen und die Ergebnisse lagen binnen 10 Minuten vor, so dass meine Ärztin das gleich mit mir besprechen konnte. Und die Medikamente, die sie mir verschrieben hat, konnte ich gleich ohne etwas zu bezahlen am Empfang mitnehmen, ich musste nicht mal zur Apotheke! Die HMO-Praxis rechnet direkt mit der Kasse ab, ich muss nicht in Vorleistung treten, bekomme aber eine Patientenquittung nach Hause, mit der ich überprüfen kann, ob die Praxis wirklich nur das abrechnet, was gemacht wurde.

Fazit: Vorbildlich! Ich bin selten so angenehm kompetent und serviceorientiert rundumversorgt worden wie in meiner HMO-Praxis. Daumen hoch für das Schweizer Gesundheitssystem!

Montag, 28. Januar 2008

Schweizer Daniel

Endlich war Daniel zu Besuch. Ich habe mich riesig auf ihn gefreut und wir haben ein paar wunderschöne Tage miteinander verbracht, über die er einen wunderschönen Blogeintrag geschrieben hat. Der Sternen-Grill am Bellevue hat ihm besonders gefallen:
Ein wahres Lokalkolorit: Der Sternen-Imbiss am Bellevue. Manche fragen sich was wohl zuerst da war. Der Sternen-Grill oder Zürich. Ich habe es sehr genossen bei einem Ittinger Klosterbräu eine Servela mit Senf zu verdrücken und dabei das bunte Treiben am Bellevue zu verfolgen.